Dieses Argument höre ich immer wieder: "Die Astrologen benutzen die falschen Tierkreiszeichen. Denn der Himmel hat sich in den letzten 2.000 Jahren verändert." Was steckt hinter dieser Aussage?
Das Grundproblem ist, dass es nicht einen, sondern zwei Tierkreise gibt: den astronomischen und den astrologischen. Der astronomische Tierkreis besteht aus Sternengruppen, denen man aufgrund ihrer Form bestimmte Namen gegeben hat, z.B. Stier, Löwe oder Wassermann. Diese Sternengruppen nennt man auch Sternbilder. Sie gibt es nicht nur nahe der Erdumlaufbahn, wo sie auch Tierkreiszeichen genannt werden, sondern überall am Himmel. Bekannte Beispiele für weitere Sternbilder sind z.B. der Große Wagen, Cassiopeia (das Himmels-W) oder der Orion. Die Sternbilder, die entlang der Erdumlaufbahn liegen, sind unterschiedlich groß, und man muss willkürliche Grenzen definieren.
Der astrologische Tierkreis beginnt am Frühlingspunkt und teilt die Umlaufbahn der Erde (die Ekliptik) in 12 gleich große Teile zu je 30 Grad. Der Frühlingspunkt ist dabei der Punkt, an dem die Sonne zum Frühlingsanfang steht. An diesem Punkt beginnt das astrologische Tierkreiszeichen Widder. Und dieser Tierkreis ist auch jener, den die Astrologen verwenden.
Wo liegt nun das Problem? Das Problem ist unsere Erde. Diese ist ein Kreisel, der den Einflüssen von Mond und Sonne ausgesetzt ist. Dadurch steht die Erdachse nicht fest im Raum, sondern bewegt sich auf einer Kreisbahn wie bei einem Spielzeugkreisel. Innerhalb von etwa 26.000 Jahren vollzieht die Erdachse einen vollen Umlauf. Diesen Vorgang nennt man Präzession.
Durch die Präzession verschieben sich die beiden Tierkreise gegeneinander. Der Frühlingspunkt (0 Grad Widder des astrologischen Tierkreises) wandert dabei scheinbar rückwärts durch den astronomischen Tierkreis, d.h. durch die Sternbilder, welche dieselben Namen aufweisen wie die Tierkreiszeichen des astrologischen Tierkreises.
Vor etwa 2000 Jahren deckten sich beide Tierkreise grob. Zumindest befand sich damals der Frühlingspunkt im astronomischen Sternbild Widder. Mittlerweile hat er die Fische durchwandert und befindet sich ungefähr am Rande des Sternbilds Wassermann.
Einige Kritiker behaupten daher nun, dass sich der Himmel verändert hat und die Astrologen mit den falschen Tierkreiszeichen arbeiten. Dass dies nicht stimmt und schon den alten Astrologen bekannt war, dass es zwei Tierkreise gibt, zeigt ein Blick in die "Tetrabiblos" von Claudius Ptolemäus, der im 3.Jahrhundert nach Christus gelebt hat. Er schreibt in diesen vier Büchern bereits deutlich, dass es zwei Tierkreise gibt und dass die Astrologen den Tierkreis verwenden (müssen), der mit dem Frühlingspunkt beginnt.
Leider ignorieren die Kritiker diesen Punkt auch heute noch gerne und werfen den Astrologen weiterhin vor, mit den falschen Tierkreiszeichen zu arbeiten. Wie du aber eben lesen konntest, ist das nicht der Fall. Den Astrologen, die früher ohnehin immer auch Astronomen waren, ist die Präzession der Tag- und Nachtgleichen schon seit alters her bekannt. Und es steht auch schon sehr lange fest, welchen Tierkreis man nehmen muss, wenn man astrologisch arbeiten will.